Linsen und Implantate

Standard- oder Premiumlinsen?

Bei der Auswahl der Intraokularlinse stehen Ihnen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Eine Standardlinse oder eine Premiumlinse.

Eine Standardlinse (monofokale Linse) bietet Ihnen nach der Operation des Grauen Stars scharfe Sicht in der Nähe oder in der Ferne. Meist wählt der Augenarzt die Ferne, für die Nähe benötigen Sie dann eine Lesebrille. Die Standardlinse ist von der optischen Qualität ebenfalls hochwertig, bietet jedoch gegenüber Premiumlinsen keine Zusatzfunktionen.

Je nach Ihren Lebensgewohnheiten und Ihrem Wunsch nach Brillenfreiheit, empfiehlt Ihnen Ihr Augenarzt, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, Premiumlinsen. Denn je nach medizinischen Voraussetzungen können diese durch ihre Zusatzfunktion(en) Ihnen mehr Unabhängigkeit von der Brille bieten.

Es ist ratsam, sich zunächst einer eingehenden ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und sich vom Arzt beraten zu lassen, um die für Sie richtige Entscheidung zu treffen, die sowohl die medizinischen Voraussetzungen als auch Ihre persönlichen Ansprüche und Wünsche berücksichtigt.

Welche Premiumlinsen-Typen gibt es?

Man unterscheidet zwischen folgenden Zusatzfunktionen, die einzeln oder kombiniert zu wählen sind:

Multifokale Linsen

Durch die Verteilung des einfallenden Lichtes auf mehrere Brennpunkte ermöglicht die multifokale Linse ein scharfes Sehen in allen Entfernungen.

Eine sogenannte Multifokallinse bildet im Unterschied zu einer Standardlinse mehr als ein Bild auf der Netzhaut ab. Dadurch können Objekte in der Nähe (z. B. beim Lesen oder beim Handarbeiten), im sogenannten Intermediär-Bereich (z. B. bei der Arbeit am Computer) und in der Ferne (beim Fernsehen, beim Autofahren) deutlich erkannt werden.
Multifokallinse
Als möglicher Nachteil von Multifokallinsen wird ein gewisser Kontrastverlust genannt, der durch die Verteilung des Lichtes auf mehrere Brennpunkte entsteht.

Es gibt multifokale Intraokularlinsen auf der Basis des refraktiven Prinzips oder mit diffraktivem Design.

Diffraktive Intraokularlinsen

Fällt Licht durch zwei eng nebeneinander liegende Spalten, so wird es gebeugt. Die
beiden Spalten stellen zwei kohärente Lichtquellen dar, die eine Überlagerung von
Lichtquellen erzeugen können (Interferenz). Gebeugte Lichtwellen mit einer Phasenverschiebung von 180° löschen sich gegenseitig aus. Man nennt diesen Effekt auslöschende (destruktive) Interferenz.

Diffraktive multifokale IOL bestehen in der Regel aus einer sphärischen refraktiven Vorderseite und einer diffraktiv wirksamen Rückseite. An der Rückfläche wirken konzentrische Ringe mit einer Stufenhöhe von ca. 2 µm als Phasengitter zur Beugung des einfallenden Lichts. Diese Lichtstrahlen werden z. B. bei einer bifokalen Linse auf einen Fern- und einen Nah-Brennpunkte gebündelt. Aus physikalischen Gründen entfällt bei diffraktiven multifokalen IOL ein Teil des Lichts auf den Fernpunkt, ein weiterer Teil auf den Nahpunkt und ein Teil geht als Streulicht verloren.

Refraktive Intraokularlinsen

Das optische Prinzip der refraktiven multifokalen IOL unterscheidet sich grundlegend vom diffraktiven Prinzip. Je nach IOL werden zwei (bifokal) oder mehrere (multifokal) sphärische Zonen auf der Vorderfläche der IOL angelegt. Dadurch sind die Lichtausnutzung und die Lichtverteilung besser. Nachteilig ist jedoch die Abhängigkeit von der Pupillengröße und Zentrierung.

Die Kombination von diffraktivem und refraktivem Prinzip

Inzwischen sind auch Linsenmodelle auf dem Markt, bei denen die diffraktiven und refraktiven Eigenschaften kombiniert werden. Diese besitzen z. B. einen zentralen diffraktiven Anteil, der als apodisierende Zone angelegt ist und mit einer graduellen Abnahme der diffraktiven Stufenhöhe zum Rand der Linse versehen ist. Damit wird ein besserer Übergang zwischen Nah- und Fernbrennpunkt erreicht und photopische Phänomene wie Lichtsensationen (halos and glare) verringert.
Der refraktive Anteil ist bei diesen Linsen in der Peripherie der Linse angelegt und soll beim Blick in die Ferne den Fernanteil verstärken.

Torische Linsen

Sollte bei Ihnen eine Hornhautverkrümmung (medizinisch: Astigmatismus) vorliegen, ist eine Intraokularlinse mit Zylinder (eine sogenannte torische Intraokularlinse) empfehlenswert.

Torische Linsen oder torische Multifokallinsen können bestehende Hornhautverkrümmungen präzise korrigieren. Bei einem Astigmatismus lässt die unregelmäßig geformte Hornhaut Bilder verzerrt oder unscharf erscheinen. Dabei werden die von einer punktförmigen Lichtquelle ausgehenden Lichtstrahlen auf der Netzhaut nicht als Punkt, sondern stabförmig abgebildet (daher spricht man auch von Stabsichtigkeit). Die unregelmäßige Lichtbrechung führt zudem zu Blendungen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist durch eine Hornhautverkrümmung in ihrem Sehvermögen eingeschränkt.

Durch ihre spezielle zylindrische Brechkraft kann durch eine torische Linse eine vorliegende Hornhautverkrümmung ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Daraus ergeben sich eine deutlich bessere Sehschärfe auch ohne Brille und ein erhöhtes Kontrastsehen.

Asphärische Linsen

Premiumlinsen mit einer asphärischen Funktion bieten gegenüber herkömmlichen Standardlinsen, die eine sphärische Oberfläche besitzen, ein besseres Kontrastsehen. Durch die spezielle Oberflächenform der asphärischen Premiumlinsen werden auch die Lichtstrahlen, die am Rand der implantierten Intraokularlinse auftreffen, in einem Punkt auf der Netzhaut gebündelt. Die Folge: weniger Blendung, deutlichere Bilder und ein verbessertes Kontrastsehen. Insbesondere bei schlechten Lichtbedingungen oder bei Nacht, wenn die Pupille weiter geöffnet ist und daher der Randbereich der Linse genutzt wird – ist dies von Vorteil.

Eine asphärische Funktion kann jede Linse haben. Es gibt monofokal-asphärische, multifokal-asphärische und auch torisch-asphärische Linsen.

Linsenmaterialien

Intraokularlinsen werden aus Kunststoff hergestellt, z. B. verschiedene Acrylate oder Silikone. Ihr optisch wirksamer Teil, die Optik, hat einen Durchmesser von etwa 6 mm. Es gibt einteilige und dreiteilige Linsen – je nachdem bestehen die Haptiken aus dem gleichen oder einem anderen Materail. Die Form der Haptiken sorgt für einen sicheren Sitz im Auge. Heutzutage werden meist Intraokularlinsen als weiche Linsen gerollt oder gefaltet implantiert und bestehen daher aus einem flexiblen Material.

 Acrylate

Acryllinse
Acryllinsen sind Linsen, die aus den Estern der Acrylsäure oder der Methacrylsäure synthetisiert wurden. Der Methylester der Methacrylsäure, das Methacrylat, wird nach vollständiger Polymerisation, zum Polymethylmethacrylat, dem PMMA (landläufig auch Plexiglas genannt). Dieses dient als Ausgangsstoff für die Herstellung von PMMA-Intraokularlinsen. PMMA-Intraokularlinsen sind nicht faltbar.

PMMA

PMMA ist ein leichtes Polymer mit einem spezifischen Gewicht von ca. 1,19. Der Brechungsindex beträgt 1,49. PMMA ist jenseits von 100 Grad plastisch verformbar und diese Verformung ist thermisch reversibel. Bei Temperaturen ab 140 Grad beginnt es zu schmelzen. IOL aus PMMA können mit verschiedenen Bügeln oder Zentrierungsvorrichtungen (Haptiken) ausgestattet sein. Bei einteiligen Linsen besteht die Optik und die Haptik aus dem selben Material. Bei dreiteiligen Linsen sind die Haptiken gesondert gefertigt. Der Optikdurchmesser bei PMMA-Linsen schwankt zwischen 4,5 und 7 mm. Wobei größere Linsen eine Dezentrierung eher tolerieren.

Für PMMA-Linsen gibt es langjährige Erfahrung mit dem Linsenmaterial. Sie werden allgemein gut vertragen und die Komplikationsrate aufgrund des Materials kann als niedrig eingestuft werden.

Da PMMA aber bei Normaltemperatur ein eher starres Material ist, muss der Operationsschnitt auf jeden Fall die Größe des Durchmessers der Linse haben. Kleinere Schnitte erfordern daher den Einsatz faltbarer IOL-Materialien. Die werden entweder mit der Faltpinzette oder heute vorwiegend durch Injektor-Systeme implantiert.

Vorteile der PMMA-Linse:

  • jahrzehntelange Erfahrungen
  • relativ inerte Oberfläche

Nachteile der PMMA-Linse:

  • große Inzision (Schnitt in das Auge) notwendig
  • induzierter Astigmatismus (Hornhautverkrümmung)
  • längere Wundheilung

Acryl

Das Material für faltbare Acryllinsen wird bei einer quervernetzenden Polymerisation von Acrylsäure und Methacrylsäure gewonnen. Dabei verleiht die Quervernetzung dem Material seine elastischen Eigenschaften und gibt die dreidimensionale Stabilität.

Bei der Entwicklung von faltbaren Acryllinsen, lag der Fokus darauf, die positiven Eigenschaften des PMMA auf eine faltbare Linse zu transferieren. Man unterscheidet bei den Acryllinsenzwischen hydrophoben (wasserabweisenden) und in hydrophilen (wasserliebenden) Acryllinsen.

Eine der kritischen Eigenschaften von Acryl ist, dass sich dessen Polymerstruktur verändert, wenn die Linse bei niedrigen Temperaturen gefaltet wird. Die Maßzahl, die diese Materialeigenschaft beschreibt, ist die Glasübergangstemperatur (Tg). Acryllinsen, die eine hohe Glasübergangstemperatur besitzen, müssen vor der Faltung in einem kühlen Operationssaal zunächst angewärmt werden. Bei zu niedrigen Temperaturen würde die Linse sonst bei der Implantation beschädigt.

Silikon

Unter Silikon versteht man ein synthetisches Polymer, welches die allgemeine Struktur eines Polyorganosiloxans hat. Ein Organosiloxan enthält sich regelmäßig wiederholende Si-O Bindungen. Diese bilden das Grundgerüst des Polymers, welches bei allen Silikonlinsen gleich ist.

Die Silikonelastomere der 1. Generation waren durch Methylreste gekennzeichnet. Bei Materialien der 2. Generation (z.B. Polydimethyldiphenylsiloxan) wurden die Methylgruppen teilweise durch Vinylgruppen ersetzt.

Silikonlinsen besitzen gegenüber starren Linsen aus PMMA einen entscheidenden Vorteil: Sie sind faltbar. Dies ermöglicht die Implantation der IOL durch kleinste Schnitte. Als besonders hilfreich haben sich für die Implantation Injektorsysteme erwiesen. Die sterile Kartusche reduziert das Infektionsrisiko und benötigt keine Schnitterweiterungen.

Silikonlinsen entfalten sich im Auge allerdings nicht so langsam und kontrolliert wie faltbare Acryllinsen. Deshalb werden sie heute nicht mehr so häufig verwendet.

Was zahlt die Krankenkasse?

Grundsätzlich übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten einer Katarakt-Operation, wenn der Arzt seinen Patienten Standardlinsen implantiert, so genannte monofokale Intraokularlinsen. Zusätzlich zu diesen Linsen gibt es aber solche mit erweiterten Funktionen (z. B. Multifokallinsen), die zum Beispiel eine weitestgehende Unabhängigkeit von der Brille ermöglichen können.

Inzwischen gilt – ähnlich wie bei Zahnärzten – in vielen Bundesländern auch für die Katarakt-Operation die Mehrkostenregelung. D. h. die Operation ist eine Kassenleistung. Es werden auch die Kosten für eine Standardlinse übernommen. Als Patient müssen Sie jedoch die Mehrkosten für die Premiumlinse bezahlen sowie die Kosten für zusätzliche Vor- und Nachuntersuchungen, die bei der Implantation einer Premiumlinse erforderlich sind, übernehmen.

Bisher sind diese Regelungen von Bundesland zu Bundesland und auch von Kasse zu Kasse verschieden und befinden sich auch in einem Entwicklungsprozess.

Daher sollten Sie beim Wunsch nach einer Premium-Intraokularlinse statt einer monofokalen in Absprache mit Ihrem Augenarzt mit Ihrer Kasse über die Möglichkeiten einer Erstattung sprechen. Ihr Arzt kann Ihnen dazu einen individuellen Kostenvoranschlag unterbreiten, den Sie bei Ihrer Kasse einreichen können.